Wohlstandsevangelium und Charismatisierung der Ostküsten-Diözese der Evangelisch-Lutherischen Kirchen


Wir gratulieren Leita Ngoy zur abgeschlossenen Promotion

Rigorosum Leita 21.06.23
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Mit dem bestandenen Rigorosum am 21. Juni 2023 verleiht die Evangelisch-Theologische Fakultät der RUB der tansanischen Theologin Leita Ngoy die Doktorwürde. Wir freuen uns mit ihr und gratulieren ihr zum Erreichen dieses Ziels eines Weges, der von enormem Engagement, Wissensdurst und Lust an akademischer Forschung geprägt war. Denn zunächst musste Ngoy, die an der Tumaini University in Makumira/Tansania ihren Master gemacht hat und ordinierte Pfarrerin der lutherischen Kirche Tansanias ist, nicht nur Deutschkurse belegen, sondern auch in den Sprachkursen der Fakultät ihre Kenntnisse in Griechisch und Hebräisch auffrischen. Anschließend hat sie sich mit Hilfe der wunderbaren Unterstützung durch das Methodenzentrum der RUB intensiv in empirische Methoden der Interviewführung und Auswertung eingearbeitet und über 300 Fragebögen und Interviews ausgewertet. Ihr Leitinteresse, die Pentekostalisierung vieler lutherischer Gemeinden der Ostkirchendiözese Tansanias, zu verstehen, analysierend zu reflektieren und mit traditionellen Inhalten lutherischer Lehre und mit lutherischer Frömmigkeit in Dialog zu bringen, spiegelt zugleich das Interesse der Kirchenleitung wider, einen konstruktiven Weg zu finden, der einerseits die Sehnsucht nach einer lebendigen, charismatischen Frömmigkeit ernst nimmt, andererseits die spezifische lutherische Identität wahrt. Das Thema hat also auch über den Raum der wissenschaftlichen Forschung hinaus eine hohe soziale und kirchliche Relevanz.
Insbesondere das Wohlstandsevangelium stellt theologisch vor Herausforderungen und ist zugleich ein kontroverses Thema innerhalb der akademischen Pentekostalismusforschung.
Neben ihrer Promotion hat Leita Ngoy als teaching assistant an der Professur für Interkulturelle Theologie und Körperlichkeit das Seminar Migration global denken mit ihrer Expertise unterstützt und an weiteren Veranstaltungen der RUB als Brückenbauerin hin zu einer diversitätsoffenen Universität mitgewirkt.

Ein besonderer Dank geht an die Vereinte Evangelische Mission in Wuppertal (VEM), die das Promotionsstudium Ngoys durch ein Einzelstipendium ermöglicht hat.

2. internationales Doktorand:innenseminar Religionswissenschaft/Interkulturelle Theologie

int. Graduiertentreffen 2023
© privat














Vom 4.-6.Juni 2023 fand das zweite internationale Blockseminar Religionswissenschaft/Interkulturelle Theologie in Kooperation zwischen der Professur für Interkulturelle Theologie und Körperlichkeit der RUB (Prof. Dr. Claudia Jahnel), der Professur für Außereuropäisches Christentum an der Universität Basel (Prof. Andreas Heuser) und dem Lehrstuhl Religionswissenschaft und Interkulturelle Theologie der Universität Rostock (Prof. Dr. Ulrike Schröder) statt. Die insgesamt 20 Promovierenden aus Brasilien, Ghana, Nigeria, Tansania, Äthiopien, Kamerun, Myanmar, Deutschland und der Schweiz stellten ihre Doktor- und Post-Doc-Arbeiten zu unterschiedlichen Themen vor: zu Kriegsverbrechen an Frauen in Myanmar, öffentlicher Theologie in Brasilien, dem Einfluss pentekostaler Kirchen auf Transformationsprozesse in Kamerun, das Schneller-Waisenhaus im Libanon u.v.m. vor.

Ankündigung einer Vortragsreihe im Rahmen der Ringvorlesung "Theologie dekolonial"

Plakat Ringvorlesung Sose2023

Besuch im Kloster im Warburg

Besuch Kloster Warburg
Lupe
© C.Rammelt

Am Montag, den 20. März 2023, besuchten Dorina Seitz, Jan Gehm und Dr. Claudia Rammelt im St. Jakob von Sarug - Kloster in Warburg den Bischof der Erzdiözese der Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien in Deutschland, Mor Philoxenos Mattias Nayis. Der Besuch fand im Rahmen des DFG-geförderten Projekts "Encountering Theologies. Theologie der syrisch-orthodoxen Gemeinschaft in Deutschland" statt. Dorina Seitz ist die Mitarbeiterin in dem Projekt und wird sich, unter anderem mit einem sozialwissenschaftlichen Instrumentarium, der Frage widmen, wie syrisch-orthodoxe Glaubende in Deutschland von Gott reden. Neben intensive Gespräche über das Projekt, aber auch über die politische Lage und die Lage der Erdbebenopfer der Gemeinschaft in Syrien und der Türkei, trat das gemeinsame Gebet, das dem täglichen Leben im Kloster seine Struktur gibt.(C.Rammelt)

Studienreise im Mai 2023 in den Tur Abdin/Südosttürkei

Ankündigung Exkursion Türkei

Auf dem Gebiet der heutigen Türkei entfaltete sich in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten eine reiche christliche Präsenz und Tradition. Diese Formen christlichen Lebens werden in Klöstern, Städten und Dörfern im Tur Abdin/Südosttürkei weiterhin gelebt. Allerdings sind die Christen in der Türkei zu einer Minderheit aufgrund verschiedenster Migrationsprozesse zusammengeschrumpft. Die dahinter liegenden Gründe sind vielfältig. Eine Studienreise in dieses Gebiet möchte den Lebensbedingungen der christlichen Minderheit in politischer, sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht nachgehen, genauso aber christliches Glaubensleben und Frömmigkeit aufspüren. Vor allem sollen aber Gespräche mit Würdenträgern und Gemeindegliedern ins Zentrum der Reise treten, um von Migrationserzählungen in Vergangenheit und Gegenwart zu hören. Nicht nur, dass sich viele Glaubende der Vertreibungsgeschichten ihrer Vorfahren erinnern. Auch die Migrationsgeschichten der jüngsten Vergangenheit durchziehen alle Familien. Der Reise ist eine Konferenz an der Universität in Sirnak vorgeschaltet, an der alle herzlich eingeladen sind teilzunehmen. Dort werden Fragen christlicher Präsenz formuliert und reflektiert. Auf die Reise werden zwei Workshops vorbereiten. Über praktische Fragen zur Reise hinaus werden historische Entwicklungen, konfessionelle Eigenheiten und Fragen von Migration und Religion in den Mittelpunkt treten

Reise mit Konferenz 3. Mai bis 12. Mai 2023
Reise ohne Konferenz 5. Mai bis 12. Mai 2023

Wir bitten sich bis spätestens 25. Januar 2023 anzumelden und das Interesse in wenigen Sätzen zu skizzieren. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Bei Fragen können Sie sich an Claudia Rammelt wenden. Bitte schicken Sie auch Ihre Anmeldung an Claudia.rammelt@rub.de

Studentinnen nahmen an der 7. Konferenz für Studentische Forschung am 4./5.10.2022 in Berlin teil



Drei Studentinnen der Fakultät haben an der 7. Konferenz für
Studentische Forschung teilgenommen, die dieses Jahr in Berlin
stattgefunden hat. Vorstellen konnten sie ihre Forschung die im
Rahmen des Seminars „Religiöse Pluralität„Religiöse Pluralität
entdecken, reflektieren und sichtbar machen. Migrantische religiöse
Gemeinschaften vor Ort“ entstanden ist. Der Beitrag von
Juliana Düster und Carla Heidbüchel befasste sich damit, wie
verschiedene Religionsgemeinschaften im Ruhrgebiet mit der
Coronakrise umgegangen sind. In einem Kurzfilm haben sie die
Perspektiven von Gemeindemitgliedern und -leitenden zusammengefasst
und weiterführende Überlegungen und Ergebnisse vorgestellt.
Rebekka Scheler befasste sich in einem Vortrag mit der Glaubenswelt
von Frauen der Assyrischen Kirche des Ostens und den mit Flucht
und Migration einhergehenden Veränderungen. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die Autumn School startete am 6.10.22 // Autumn School started on 6.10.22

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Transkulturelle Netzwerke resultieren aus permanenten Kontakten zwischen verschiedenen kulturellen Kontexten, verstärkt durch Globalisierung, interkulturelle Beziehungen und weltweite Migration. Diese Begegnungen ermöglichen neue transkulturelle Verflechtungen und Transformationen, die eine Basis für zukunftsorientierte globale Kooperationen bilden.
Das Netzwerk christlicher Kirchen in der Gegenwart ist geprägt von Missionsgeschichte, Kolonialismus und Globalisierung im 19. und 20. Jahrhundert, aber auch von Erfahrungen des gemeinsamen Lebens und Feierns, und entwickelt sich tendenziell zu multidirektionalen transkulturellen Netzwerken weiter. Bildung ist ein wichtiger Teil dieses Netzwerks. Transkulturelle Netzwerke von Kirchen stellen daher ein herausragendes Potenzial zur Förderung von Bildung, Wissenschaftsfreiheit und gesellschaftlicher Verantwortung dar.

Den Blog zur Autum School finden Sie hier / You can find the Autum School blog here

Blog des Projekts - Migration Lokal Denken

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Migration verändert Religionslandschaften. Aufgrund von vielfältigen Migrationsprozessen gerade auch im letzten Jahrhundert und den jüngsten Entwicklungen ist die deutsche Religionslandschaft pluraler geworden. In Nordrheinwestfalen gibt es eine Vielzahl von Gemeinden verschiedener christlicher Konfessionen und Denominationen. Ebenso gehören arabisch- oder eher türkisch-sprachige Moscheegemeinden heute zur deutschen Realität, buddhistische Tempel und jesidische Gemeinden prägen die deutsche Religionslandschaft.
Den Blog zum Projekt finden Sie hier.

Ankündigung einer Exkursion im Rahmen des Yoga-Seminars im Wintersemester 2022/23

Yogabild

Im Rahmen des Hauptseminars "Yoga – zwischen Gymnastik, fernöstlicher Spiritualität und cultural appropriation" findet vom 11.-13.11.2022 eine Exkursion nach Rothenburg o.d.T.

Wenn Sie daran teilnehmen möchten, melden Sie sich bitte in ecampus dafür an. Diese Exkursion wird von der Professur finanziell unterstützt.

Nähere Informationen erhalten Sie im Sekretariat:
interkulturelle-theologie@rub.de

Flyer Yoga-Seminar   (2.7 MB)

Studierendenzertifikat MIGRATION LOKAL DENKEN

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Studierende der Ruhr-Universität Bochum haben die Möglichkeit ein Vertiefungszertifikat im Bereich der interkulturellen Theologie zu erhalten. Hierfür sind in Kooperation mit der Kirchlichen Hochschule Wuppertal drei Lehrveranstaltungen, welche sich aus zwei Seminaren und einer Vorlesung zusammensetzen, zu absolvieren.

Angebote im Wintersemester 2022/23

Seminar I (Angebot Ruhr-Universität Bochum):
„Erzählte Geschichte im Kontext von Migration und Religion“
Leitung: Prof. Dr. Claudia Jahnel / Alexander Jüngst M.A.
Dienstag 12-14 Uhr (Raum: GA 8/34)

Seminar II (Angebot Kirchliche Hochschule Wuppertal nur im Wintersemester):
„Interkulturelles Handeln in Kirche und Gesellschaft“
Leitung: Dr. Claudia Währisch-Oblau / Dr. Heike Ernsting / Dr. Andar Parlindungan
Blocktermine

Vorlesung (Angebot Ruhr-Universität Bochum):
„Interkulturelle Theologie – Einführung“
Leitung: Prof. Dr. Claudia Jahnel
Mittwoch 10-12 Uhr (Raum: GABF 04/511)


Wenn Sie sich für das Zertifikat interessieren, wenden Sie sich bitte direkt
an uns. Gerne beraten wir Sie zu Aspekten des Inhalts und der Organisation.

Kontakt
Alexander.Juengst@rub.de

Präsentation der studentischen Projekte und Ausstellungseröffnung

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Am 02.02.2022 wurde nicht nur die digitale Ausstellung „Trümmer-Vertreibung-Leben. Eine Region in den Wirren der Geopolitik“ eröffnet. Auch hatten Studierende die Möglichkeit, ihre Projekte des Seminars „Religiöse Pluralität entdecken, diskutieren und sichtbar machen. Religiöse Gemeinschaften vor Ort“, die sie über das gesamte Semester entwickelt und bearbeitet haben, vorzustellen und zu diskutieren.

Zwei Stimmen aus dem Nahen Osten begleiteten die Eröffnung der digitalen Ausstellung. „Es war nie so hoffnungslos wie jetzt“, sagte Jihad Nassif. Seine Worte klangen im Angesicht der Not anklagend und verzweifelt zugleich, weil Menschen hungern und keine Hilfe der internationalen Gemeinschaft nach Syrien gelangt. Im Nordirak hoffen die Menschen, dass die Corona-Pandemie endlich vorüber geht, berichtet Emmanuel Youkhana. Er hob schließlich darauf ab, dass die Solidarität zwischen Menschen, Nationen und Völkern unabdingbar ist. Gerade diese möchte durch die Bilder vertieft werden. Sie wollen auf die Situation im Nahen Osten aufmerksam machen und zu einem Nachdenken anregen, auch und gerade zu konkreten Projekten des Austauschs und der Unterstützung.
Im Anschluss an die bewegenden Worte präsentierten Studierenden ihre Projektthemen des vergangenen Semesters. In der konkreten Begegnung mit Vertretern einer pentekostalen-afrikanischen Gemeinde, einer evangelisch koreanischen, einer liberal jüdischen Gemeinde, einer schiitischen und einer rumänisch-orthodoxen Gemeinde rund um das Ruhrgebiet waren die Projektgruppen Fragen der Wirkmächtigkeit der Sprache (im Gottesdienst), der Rolle der Religion bzw. religiösen Gegenständen in dem Migrationsprozess bis hin zu dem spezifischen Partnerschaftsverständnis der Religionen und Gemeinschaften auf den Grund gegangen. Themen und Begegnungen forderten das Miteinander heraus und fragten eigene Haltungen und Überzeugungen an. Die Response von Prof. Dr. Jahnel zu den einzelnen Projekten regte eine lebendige Diskussion gerade auch im Plenum an. Es wurde nachgehakt, weitergedacht und eigene Erfahrungen reflektiert.

▶ Hier geht es zur Ausstellung

„Religiöse Pluralität entdecken, reflektieren und sichtbar machen. Migrantische religiöse Gemeinschaften vor Ort“

2. Studentische Konferenz der Professur für Interkulturelle Theologie und Körperlichkeit


Das Ruhrgebiet und auch Bochum sind von interkultureller Vielfalt und oft eher von einem interreligiösen Nebeneinander als einem Miteinander geprägt. Viel zu selten jedoch machen wir uns auf den Weg, um die syrisch-orthodoxe Gemeinde, die Hinterhofmoschee oder den hinduistischen Tempel in der Nachbarschaft näher kennenzulernen. Das Transferprojekt „Religiöse Pluralität entdecken, reflektieren und sichtbar machen. Migrantische religiöse Gemeinschaften vor Ort“ versucht da anzusetzen und Türen zu fremden Kulturen, Traditionen und Religionen zu öffnen. Die interkulturelle Begegnung war ebenso grundlegendes Element wie der interreligiöse Austausch mit unterschiedlichsten Glaubensrichtungen. Studierende haben sich in den letzten Wochen in verschiedene Gemeinden auf den Weg gemacht, um die interkulturelle Landschaft und interreligiöse Pluralität lokal zu entdecken, kennenzulernen und sich damit auseinanderzusetzen. Das Ergebnis ihrer Projekte präsentieren sie auf der 2. studentischen Konferenz, genauso werden weitere Forschungsprojekte vorgestellt. Alle sind herzlich dazu eingeladen! Weitere Informationen zu dem Projekt finden Sie hier. 

Foto Migrationsseminar
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Migration lokal denken. Religiöse Gemeinschaften vor Ort

neuer Zertifikatskurs an der Akademie der Ruhr- Universität Bochum


Deutschland ist bunt. Da gibt es Geschichten von Migration, nicht selten erlebt als Flucht und Vertreibung. Und Geschichten von selbstverständlichem Zu-Hause-Sein. Den jeweils Anderen bleiben nicht nur diese Geschichten oftmals verborgen. Auch mitgebrachte ebenso wie einheimische religiöse Praktiken und Liturgien muten fremd an, geheimnisvoll und unbekannt. Im Alltag ist meist kein Raum, um dem religiös Anderen auf die Spur zu kommen. Das zertifizierte Qualifizierungsprogramm „Migration lokal denken“ bietet einen Raum und Gelegenheit für Interessierte aus Kirche, Diakonie und Gesellschaft, wissenschaftlich, empirisch und im Austausch interkulturelle Erfahrungen zu reflektieren und interkulturelle Begegnung zu vertiefen. Religionslehrer*Innen, Pfarrer*Innen und andere Verantwortliche in den Bereichen sozio-kultureller Bildung und Beratung mit und ohne Migrationshintergrund, die mit der veränderten und pluralen religiösen Landkarte in Deutschland konfrontiert sind und die ihr interkulturelles Wissen und ihre Kompetenz in diesem Feld erweitern wollen, sind herzlich eingeladen, an diesem Zertifikatsstudiengang teilnzunehmen. Er ist als Weiterbildungsmaßnahme konzipiert. Weitere Informationen finden Sie hier. 





Interkulturelle Theologie

Interkulturelle Theologie befasst sich mit den vielfältigen Gesichtern, die das Christentum heute infolge seiner geografischen Ausbreitung und der daraus resultierenden interkulturellen und interreligiösen Aushandlungsprozesse und Dialoge kennzeichnen.

Mit der deutschlandweit einzigartigen Fokussierung des Faches auf Körperlichkeit stellt sich die Interkulturelle Theologie an der RUB in den Kontext einer großen Frage unserer Zeit nach der Zukunft des Körpers zwischen seinem transhumanistischen bio-technischem Enhancement und dem Traum von der Überwindung von Krankheit, Altern und Tod einerseits und der Anwaltschaft für die Verletzlichkeit des Körpers und dem Widerstand gegen gesellschaftliche und kulturelle Normierungen und Normalisierungen andererseits.


Interkulturelle Theologie ist interdisziplinär

Interkulturelle Theologie ist, historisch betrachtet, aus dem Zusammenspiel von Religionswissenschaft, Missionswissenschaft und weltweiter Ökumene heraus entstanden. Neben diesen Forschungstraditionen sind ihr in der Auseinandersetzung mit Kolonialismus, antikolonialen Befreiungsbewegungen und Postkolonialismus, zunehmender Globalisierung, Säkularisierung und „Wiederverzauberung“, Genderdebatten, Migrationsforschung und kulturell-religiöser Pluralisierung Europas weitere methodische Zugangsweisen und Forschungsfelder zugewachsen.
Interkulturelle Theologie forscht und lehrt – die administrativ-wissenschaftspolitischen disziplinären Grenzziehungen überschreitend ¬– trans- und interdisziplinär. Von ihrer Herkunftsgeschichte her steht sie in besonderer Nähe zu Ethnologie, Anthropologie, außereuropäischen Philologien, Religionswissenschaft und Missionswissenschaft. Heute bezieht sie Gegenstände und Diskussionen auch aus anderen Disziplinen ein wie der Philosophie, der Soziologie, den Literaturwissenschaften oder der Medizin sowie der im Kontext globaler Verflechtungen erwachsenen, quer zu diesen Disziplinen liegenden postcolonial und subaltern studies. Letztere haben zusammen mit den Einsichten der neueren Kulturwissenschaften (cultural turns) die selbstkritische Reflexion der Produktion von Wissen über Kulturen, transkulturelle Verflechtungen und damit nicht zuletzt auch die Machtbeziehungen ins Zentrum der Interkulturellen Theologie gerückt.


Interkulturelle Theologie als Kulturwissenschaft

Die Einbindung kulturwissenschaftlicher Perspektiven in die Theologie ist nicht neu. Einer der renommiertesten Grenzgänger zwischen Theologie und Kultur war Ernst Troeltsch, für den die umwälzenden Veränderungen der Neuzeit mit der Notwendigkeit einer theologischen Reflexion dieser massiven kulturellen Veränderungen verbunden waren. Die rasanten Globalisierungsprozesse heute fordern die Theologie erneut dazu heraus, Gesellschaft, Kultur und Politik theologisch zu reflektieren – und dazu bedarf sie besonders der Einsichten andere kulturwissenschaftlicher Disziplinen und der Kooperation mit diesen.
Mein Markenzeichen in Interkultureller Theologie ist der kulturwissenschaftliche Zugang. Religionen sind kulturelle Systeme (Clifford Geertz). Das bedeutet: Religionen – einschließlich des Christentums – und kulturelle Zuschreibungen, Praktiken, kulturelles Wissen und kulturelle Symbole beeinflussen sich gegenseitig. Kontextuelle Theologien aus Asien, Afrika oder Lateinamerika entstehen wie europäische oder nordamerikanische Theologien nicht in einem kulturfreien Raum, sondern sind zutiefst geprägt von den Berührungen, Konflikten und Wechselwirkungen, die der Kontakt zwischen dem „christlichen Europa“ und anderen Zentren der Welt hervorgerufen hat. Diese kulturellen und religiösen Wechselwirkungen und interkulturellen Verflechtungen sind geradezu ein Charakteristikum heutiger kulturell pluraler Gesellschaften geworden. Der kulturwissenschaftliche Zugang trägt in spezifisch theologische Topoi und Debatten hochaktuelle kulturelle und gesellschaftliche Fragen ein wie die nach Identität und Zugehörigkeit, Sinn und Wissen, Macht und Gewalt oder Freiheit und Handlungsmacht.


Interkulturelle Theologie als theologische Disziplin

Interkulturelle Theologie ist deshalb jedoch nicht nur beschreibende, Theologie wahrnehmende Wissenschaft, sondern sie trägt auch zur „Theologiebildung“, das heißt: Sie hat auch eine orientierende und in diesem Sinn kritisch-normative Aufgabe und ist darin eine eigenständige theologische Disziplin mit vielfältigen Aufgaben für das Ganze der Theologie. Indem sie sich mit der synchronen wie diachronen Vielfalt der Christentümer und den interkulturellen Transformationsprozessen, die zu dieser Verschiedenheit beigetragen haben und beitragen, befasst, baut sie nicht nur Brücken des Verstehens und der Hermeneutik des Fremden. Sie trägt in entscheidender Weise auch zur Diskussion der zentralen theologischen wie epistemologischen Frage nach dem Verhältnis von Universalität und Partikularität der Wahrheit Gottes bei.
Indem sie schließlich Interkulturalität als Wesensmerkmal des Christentums und der Theologie bewusst macht, zeichnet sich Interkulturelle Theologie als kritische theologische Wissenschaft aus, die immer wieder auch den Universalitätsanspruch westlicher Theologie in Frage stellt und ihre Begrenztheit aufzeigt. Das „Inter“ hat etwas Beunruhigendes, vielleicht auch etwas Anstößiges, in jedem Fall ist es kritisch und produktiv. Außerdem stellt sie die Frage, ob Theologien aus dem so genannten globalen Süden in Ländern des globalen Nordens überhaupt rezipiert und als relevant betrachtet werden.
In der Lehre möchte das Fach Interkulturelle Theologie in Bochum die Reflexion christlicher, religiöser und kultureller Pluralität außerhalb wie innerhalb Europas und die theologische Urteilsfähigkeit bei interkulturellen und interreligiösen Fragestellungen unterstützen.


Schwerpunkte Interkultureller Theologie an der RUB

Die Interkulturelle Theologie an der RUB legt neben dem markanten Fokus auf der Körperlichkeit, der alle Bereiche durchzieht, Schwerpunkte auf Afrika und Lateinamerika, kontextuelle Theologien in Asien, Afrika und Lateinamerika, postkoloniale und Gender-Theologien einschließlich daraus resultierender sozialethischer Fragen, Migrationstheologien, Entstehung und Wachstum von Pfingstkirchen v.a. in afrikanischen Ländern, den Zusammenhang von Globalisierung, Migration und Religion, Interkulturelle Gemeinden in NRW, das Ineinandergreifen von Religion, Politik und Fundamentalismus, Entwicklungspolitik und Religion, Kirchen in Transformationsprozessen (Südafrika und Ruanda) einschließlich der Entwicklung öffentlicher Theologien, Religionstheologien und Dialog der Religionen.
Neben „klassischen“ Formaten wie Vorlesungen und Seminaren werden Formen des forschenden Lernens unter Einbeziehung qualitativer Interviewtechniken und Inhaltsanalysen eingeübt. Englischsprachige Seminare unterstützen die englische Kommunikationsfähigkeit.


Körperlichkeit

Mit der Körperlichkeit hat die Interkulturelle Theologie in Bochum einen Schwerpunkt, der ganz auf der Höhe der Zeit kulturwissenschaftlicher Forschung wie auch gesellschaftlicher Herausforderungen liegt. Hochaktuelle Fragen wie die des transhumanistischen Enhancements des Körpers oder der gesellschaftlichen Normierung von Körperlichkeit, Körperwissen und Körperpraxis, sowie die Entstehung zahlreicher körperbezogener (religiöser) Rituale werden in den Kontext eines kulturellen und transkulturellen Wandels gestellt. Ethisches Nachdenken ist hier ebenso gefordert wie ein erweitertes Wissen um andere kulturelle Systeme und Werte sowie Kompetenz im Umgang mit „dem Anderen“.
„Körperlichkeit“ ist eine Grunddimension von Kultur. Seit den 1980er Jahren taucht der Körper in kultur- und geisteswissenschaftlichen Debatten verstärkt auf, nicht zuletzt eingeleitet durch Debatten über Gender und Körper, die „klassische“ Körperkonzep- tionalisierungen hinterfragen. Gleichzeitig werfen naturwissenschaftliche und medizinisch-technische Fortschritte neue körperbezogene ethische Fragestellungen auf. Anthropologisch-körperbezogene Themen stehen auch im Mittelpunkt zahlreicher gesellschaftlicher Debatten (Ehe für alle, Fragen von Anfang und Ende des Lebens, neue Rassismusdiskurse ausgelöst durch jüngere Migrationsbewegungen, die Frage des Sportunterrichts für Mädchen mit muslimischem Hintergrund u.v.m.). Die gegenwärtigen gesellschaftlichen Entwicklungen haben körperbezogene politische Anthropologien und Philosophien etwa des „nackten Lebens“ als Fundament der Solidarität und der Orthopathie (z.B. Agamben, Nancy, Eagleton) hervorgerufen.
Für die Erforschung der Körperlichkeit bietet der breite interdisziplinäre Kontext der Ruhr-Universität einen optimalen Ausgangspunkt, denn diese Erforschung kann sinnvoll nur interdisziplinär und optimalerweise in internationalen Kooperationen geschehen.
Innerhalb der Evangelischen Theologie an der Ruhr-Universität hat die Erforschung des Körpers bereits eine längere Tradition, die sich in Forschungsschwerpunkten etwa zur biblischen Anthropologie und Ritualforschung, in Forschungen zur Vulnerabilität und zum Life Enhancement, in kirchengeschichtlichen Forschungen etwa zur Askese oder in Gender- und Queer-Forschungen niederschlägt.
Innerhalb der Interkulturellen Theologie werden Körperdiskurse bislang eher implizit als systematisch untersucht. Sie sind aber sowohl in historischen und missionswissenschaftlichen Untersuchungen als auch in der Analyse gegenwärtiger transkultureller und transreligiöser Phänomene permanent präsent. Eine transkulturelle Körpergeschichte im Allgemeinen wie eine transkulturell-religiöse Körpergeschichte im Besonderen bleiben bisher jedoch ein Forschungsdesiderat.
Ein wichtiges Forschungsfeld bildet in dieser Hinsicht die gegenwärtige religiös und kulturell plurale Situation in Deutschland und Europa. Sie stellt das Thema der Körperlichkeit vor neue Herausforderungen und verbindet es mit weiteren Diskursen und Fragestellungen: Interkulturelle Pflege und Seelsorge, vielfältige kulturell und religiös beeinflusste Lebens- formen, künstlerische Performanzen, die „den anderen“ Körper in den Mittelpunkt stellen, sind nur einige Phänomene, an denen deutlich wird, wie sehr Körperpraktiken von Religion und Kultur beeinflusst werden und Zugehörigkeit und Identität definieren. Diese interkulturelle Perspektive stellt sich die Aufgabe, zum Verständnis der Diversität kultureller Körperkonzepte und Körperpraktiken sowie zu einem friedlichen und konstruktiven Zusammenleben in einer pluralen Gesellschaft beizutragen.